Zillertaler Bergführer
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Alpinismus -Alpintourismus/Beruflicher Bergsport - Tourismus - Massentourismus


Wenn der Tourismus den Gipfel des Mount Everest erreicht hat. Wo beginnt dann der Alpinismus?“ R. Messner

Anders gefragt: „Wie sieht es im beruflichen Bergsport aus, wenn der Bergtourismus den Everest bereits bestiegen oder vereinzelt überschritten hat?“

Ist es notwendig, sich als Bergführer mit dem in der heutigen Zeit sehr strapazierten Begriff der „Nachhaltigkeit“ auseinander zu setzen? Wir Zillertaler Bergführer meinen ja, es ist notwendig, es ist sogar eine Chance, Position zu beziehen, auch auf die Gefahr hin, unangenehme Seiten unserer Tuns am Berg beleuchten zu müssen. Fragen sich selbst zu stellen, die Wahrnehmung selbst zu schärfen und sich dann dazu zu äußern, mit tieferen Verständnis ohne Verurteilung oder Beschönigung nur Strömungen auf zu zeigen, was gelingt uns gut und wo liegen Vorgehensweisen vor, die durch welche Einflüsse und Überlegungen auch immer praktiziert werden, die jedoch nicht unbedingt unserem Berufsverständnis und unseren Vorstellungen entsprechen, ohne zu bewerten.

Die 3 Säulen der Nachhaltigkeit aus der Sicht der Zillertaler Bergführer:

1. Ökonomische Nachhaltigkeit.

Die ökonomische Dimension von Nachhaltigkeit besagt, dass ökonomische Gewinne so zu erzielen sind, dass weder die Gesellschaft noch die Umwelt darunter leidet. Es macht keinen Sinn, Gewinne zu erzielen und nachher Gewinnanteile in Maßnahmen zu investieren, die die Schäden der Gewinnerzielung wieder reparieren sollen.

Die Überlegungen der Zillertaler Bergführer:
Bereits die ersten gesetzlichen Regelungen des Bergführerwesens weisen darauf hin, dass die Tätigkeit des Bergführen nur ein „prekärer Nebenverdienst“ sein kann. Durch die von den alpinen Vereinen geschaffene alpine Infrastruktur gibt es die Möglichkeit des „großen Geschäfts“ im Kräftevergleich zu anderen Tourismuszweigen nicht. Kommerziellen Auswüchsen, wie sie bei Weitwanderungen oder im Bereich der Begehung von Schluchten zu beobachten sind, stehen wir nicht wegen dem zu erwartenden Gewinn, sondern ausschließlich wegen der Belastung der beanspruchten Struktur und Natur skeptisch gegenüber. Äußerst verstörend beobachtet man gesellschaftliches Handeln im Bereich der „must have – Bewegung“, Bilder mit meterlangen Warteschlangen und neu geschaffenen Müll (Hundeklobeutel, Papiertaschentücher, usw.) auf den Wegen der neuen alpinen Hot Spots lassen natürlich auch uns nicht unberührt.

2. Ökologische Nachhaltigkeit.

Diese Säule der Nachhaltigkeit ist die, die von der Gesellschaft am ehesten mit „Nachhaltigkeit“ verbunden wird. Die Wertschätzung und der Umgang mit Natur und Umwelt, die Aufrechterhaltung von Artenvielfalt und eine grundsätzliche Umweltfreundlichkeit sind Werte, die hier zu verorten sind. Ziel ist ein Gleichgewicht zwischen Leben und Umwelt und Systeme und Prozesse zu halten. Dieses sensible Gleichgewicht sollen durch menschliches Einwirken nicht destabilisiert oder zerstört werden, sondern langfristig gesichert werden.

Die Überlegungen der Zillertaler Bergführer:
„By fair means“, ein Begriff oder besser noch eine Gesamteinstellung, die vom Leistungsbereich des Bergsports kommt, und zum Schlagwort für den Alpinismus in all seinen Bereichen geworden ist, teilen wir zu 100%. Wir Zillertaler Bergführer stehen für diesen Begriff, sehen uns auch verbunden hin zur Tirol Deklaration, sind jedoch auch der Sicherheit unserer Gäste verpflichtet. Deshalb sind wir bedacht, in allen uns betreffenden Bereichen zwar dem Stand der Zeit angepasst zu agieren und Infrastrukturen bedächtig und sensibel zu verbessern. Wie schon bei der ökonomischen Nachhaltigkeit erwähnt, eignet sich auch in der ökologischen Nachhaltigkeit der berufliche Bergsport nicht für Massen, gesetzliche Rahmenbedingungen wie die Sorgfaltspflichten für Tiroler Bergführer und die Gewährleistung der Sicherheit für unsere Schutzbefohlenen und die damit verbundene Verpflichtung zu Klein- bis Kleinstgruppen / Einzelgästen schränkt hier ein. Beteiligungen von Bergführern bei der Errichtung von bergsportlichen Infrastrukturen sind in der Regel Handarbeiten ohne großen maschinellen Einsatz und wären bei der Maßgabe von ökologischer Nachhaltigkeit nach ihrer Beseitigung, wie sich zeigt, sehr schnell von der Natur „zurückerobert“. Wegen der entsprechenden Nachfrage im Bereich Freeriden und auf Modebergen kommt es hier durchaus zu Massenbewegungen, und einem vereinzelten Verhalten, dass auf ein großes Maß an Egoismus oder Narzissmus des Praktizierenden schließen lässt.  Im Vergleich zur Gesamtzahl dieser Bewegungen stellt aber der von Bergführern geführte Teil nur eine Minderheit dar; vielmehr stehen wir mit alternativen Zielen, wenn gewünscht, gerne im Rahmen der Tourenplanung zu Seite.

Zillertaler Bergführer schätzen sich auch glücklich, dass im hochalpinen Raum unter Abwägung politischer Interessen der sensibelste Bereich unter Schutz gestellt ist und man so auch in nächsten Generationen für den Naturliebhaber noch eine Seher - und Besucherwerte Landschaft vorfinden wird.

3. Soziale Nachhaltigkeit.

Miteinander statt gegeneinander, so könnte die einfache Zusammenfassung dieser Säule lauten. Soziale Nachhaltigkeit zielt darauf ab, dass Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion, finanziellen Hintergründen etc. respektvoll und tolerant miteinander umgehen. Integration und Inklusion sind hier zu finden.

Die Überlegungen der Zillertaler Bergführer dazu:
Die Zillertaler Bergführer als die Berufsgruppe für Bergsportfragen sieht diese letzte Säule als die in Zukunft notwendigste an.

Es war und ist ein Austausch mit Respekt mit allen am Produkt Bergsport Beteiligten über Talschaften, besondere Gebirgsregionen im Alpenraum und auf der ganzen Welt hinweg. Es wäre die größte Stärke des Bergführerwesens. Im Hinblick auf den hohen Anspruch sowohl der Gäste als auch der Berufskollegen, bei Hilfestellungen am Berg, aber auch in organisatorischen Bereichen im Tal, geht es nicht mit Vorurteilsdenken. Zeit ist Veränderung, es wird verstärkt regionaler gedacht, von so manchem wird das als altmodisch angesehen, es ist aber vielmehr der Schutz vor Vereinheitlichung, es ist die nötige „Abgrenzung“ zur Gleichmacherei, es ist das stärkere Hervorheben eines Charakterprofils, das vor über 150 Jahren zum Dienst bei Bergsportfragen ins Leben gerufen wurde, und das bei vielen gesellschaftlichen Notwendigkeiten (touristische Dienstleistungen, Rettungsaufgaben, Schutzaufgaben für Kommunen) mit hohem Einsatz für unsere Gesellschaft und dessen Infrastruktur zur Verfügung steht.

Zusammenfassend sehen wir Zillertaler Bergführer den Beruf des heimischen Bergführers als nachhaltig an, er ist sicher am besten geeignet, um sorgfältig mit der Ressource Natur umzugehen und diesen Wert auch weiter zu vermitteln.

#365 Tage Freude am Berg