Zillertaler Bergführer
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Von Kindesbeinen - Bergsteigen nicht erlernen, sondern erleben:

Ein kleines Foto abgebildet in einem Fotobuch, das meinen Vater, meinen Bruder Andreas und mich im kindlichen Schulalter am winterlichen Gipfel des Gedrechten zeigt, war für eine Gruppe von jungen Tiefschneebegeisterten der Grund sich bei mir zu melden. Die Aussage dieses Fotos für die Gruppe war: „Wer bereits im Schulalter die Berge von seinem Vater „vererbt“ bekommen hat, der muss sich auskennen.“

Nun, mit etlichen Jahren Abstand betrachtet, war es bei uns zu Hause keinesfalls so, dass wir verwahrlost großgeworden wären, nach heutigen Gesichtspunkten wohl aber unbehütet. Würde ich in der heutigen Zeit als Kind ankommen, würde man meinen unermesslichen Bewegungsdrang sicherlich mit dem Krankheitsbild Hyperaktiv bewerten, hätte möglicherweise einen Therapeuten und einen Kasten von Medikamenten aber eigentlich hatten wir nur einen natürlichen Bewegungsdrang den Kinder so haben, die nicht, von der damals nicht vorhandenen medialen Welt abgelenkt sind. Erst Jahre später im Rahmen der staatl. Skilehrerausbildung, bei der es in der Bewegungslehre um das Lernen u. Erlernen von Bewegungen ging und dabei die Sprache auf die gestaltungswandelnden Altersstufen kam, wurde mir klar, welchen persönlichen Wert die damals vorhandenen oder eben nicht vorhandenen Möglichkeiten hatten, aber vor allem, welchen enormen Schatz uns unsere Eltern unbewusst zur Verfügung stellten. Die Kernaussage dieses Faches war, dass es im Kindesalter wichtig ist vielerlei Bewegungsmuster zu tun, zu erlernen, weil sich das Gehirn dann Jahre später an all diese Erfahrungen erinnert und dann neues Lernen in den Bereichen Gleichgewicht, Balance, Bewegungskoordination und   Beweglichkeit besser gelingt. Darum hieß es für uns damals ALLES ERLEBEN / ERLERNEN, was natürlich unbeaufsichtigt nicht ganz ohne Blessuren abging. Der springende Punkt ist jedoch, wir konnten von Kindesbeinen weg Bewegung ohne Leistungsdruck erfahren, ja wir wurden sogar ermutigt persönliche Grenzen aus zu loten, zu erfahren ohne dass ein „Zurücknehmen“ gleich als Feigheit bewertet wurde und ein missglückter Versuch einen Weltuntergang bedeutet. Es geht nicht darum, ob die Bewegung oder das Erlernte perfekt ist, es geht darum das Bewegung gemacht wird, ungezwungen, verschiedenartig und so früh wie möglich, am idealsten ohne Leistungsdruck, der entsteht mit dem natürlichen Ehrgeiz eines Kindes von selbst.

„Der springende Punkt ist, dass
Bewegung verschiedenartig, ungezwungen und so früh wie möglich getan wird,
Grenzen ausgelotet werden, und ein missglückter Versuch nicht gleich ein großes Scheitern ist“

#365 Tage Freude am Berg