Gründung Zillerthaler Führer-Unterstützungs-Verein 27. November 1897
Statuten des
Zillerthaler Führer = Unterstützungs = Vereins.
§1
Zweck des Vereins ist, in Ausübung des Bergführerberufes oder bei sonstiger erwiesenermaßen nicht aus eigenem Verschulden erfolgter Erkrankung, oder wegen Alters und andere physischer, zeitlicher oder gänzlicher Unfähigkeit der Ausübung des Führerberufes unfähig gewordener, behördlich autorisierter Bergführer oder Führeraspiranten zu unterstützen.
1897 – 2022 125 Jahre organisiertes Bergführerwesen im Zillertal, darf Anlass geben ein Blick zu den Anfängen des Bergführerwesens in Tirol und im Zillertal zu geben, in diesem Rückblich kommt man nicht an der Verbindung Deutsch - österreichischer Alpenverein vorbei, haben doch führende Persönlichkeiten dieser Organisation maßgeblich an der Gestaltung des Bergführerwesen mitgewirkt und auch heute noch ist die Einflussnahme auf das Bergführerwesen dieser alpinen Vereine noch spürbar.
Als Pfarrer Senn aus dem Ötztal Mitte des 1800 Jhdt. den Gründungsgedanken eine alpinen Vereins, mit dem Zweck die ärmliche Bevölkerung in den hintersten Tälern Tirols mit dem wohlhabenden Teil der städtischen Gesellschaft zusammen zu bringen hatte, ahnte er freilich noch nicht welche Dimension dieser Gedanke erreichen wird. Was Senn jedoch am eigenen Leib erfahren musste, es geht nicht ohne ortskundige Begleitung, die er in Cyprian Granbichler als seinen Führer fand, Granbichler der in aufopfernder Führertätigkeit nach einer Bergfahrt den Rückweg nach Vent im Ötztal bei widrigsten Wetterbedingungen mit seinem Erschöpfungstot bezahlte. Diesem Umstand geschuldet war es Pfarrer Franz Senn ein stetes Anliegen auch die Tätigkeit des Führens und Begleiten von Gästen in seinem wunderbaren Gedanken mit einzubauen.
Unbestritten ist die Tatsache das dieser Grundgedanke Senn´s in Wien nicht das erhoffte Ergebnis brachte und Senn sich darum nach einem Jahr des Überdenkens einen zweiten Anlauf in München unternommen hat. Ganz auf unfruchtbaren Boden, wenn auch mit dem größeren Ansatz der Erforschung der Alpen und weniger die Bereisung, viel der Gedanke des Gletscherpfarrers wie Senn auch genannt wurde in Wien nicht. Einzelne Gründerväter des österreichischen Alpenvereins (gegr. 19. November 1862 in Wien), Paul Grohmann (Erstersteiger von Olperer 1867 und Hochfeiler 1865) und Anton von Ruthner wurden in weiterer Folge gerne gesehene Gäste von Georg Samer „Joseler“ im Zillertal.
Einen deutlich besseren Erfolg erzielte Pfarrer Senn´s Idee in München, zumal in Deutschland zu Gründerzeit der alpinen Vereine eine ungleich höhere Zahl an städtischen Strukturen vorhanden war.
Nach einem Überdenken seiner Idee in der tiefverschneiten Bergeinsamkeit und wiederholten gegenseitigen Besuchen durch Senn mit dem Prager Kaufmann Johann Stüdl, dem Studenten der Rechtswissenschaften Karl Hofmann und dem Buchhändler Theodor Trautwein, war es am 9. Mai 1869 in München soweit, der Deutsche Alpenverein wurde gegründet. Auch in diesem alpinen Verein war, nach Idee Senn, das Bergführerwesen ein fixer Bestandteil.
Nun zu den bereits vorhandenen Bergführern im Zillertal. Eine Erkenntnis aus den geschichtlichen Aufzeichnungen ist die, dass es sich bei den ausführenden Personen um Persönlichkeiten gehandelt haben muss, dehnen die Eingangszeilen der ersten Bergführerverordnung von 1865 vollkommen bewusst waren: „Anlässlich der gestellten Anfrage, ob das Geschäft der Bergführer als ein konzessioniertes Gewerbe zu behandeln und sofort der Gewerbesteuer zu unterziehen sei, fand das k. k. Staatsministerium im Einvernehmen mit dem Polizei-, dem Finanz- und dem Handelsministerium mittelst Erlasses vom 5. Mai 1865 Z 1810 auszusprechen, dass die Beschäftigung der Bergführer, da sie gewöhnlich nur gelegentlich und vorübergehend, daher nur als ein präkerer Nebenverdienst ausgeübt wird, in der Regel als kein Gewerbe anzusehen sei und der Gewerbesteuer nicht unterliege, wodurch nicht ausgeschlossen wird, dass wo diese Beschäftigung ausnahmsweise als ein selbstständige Unternehmung förmlich gewerbsmäßig betrieben werden sollte, auf dieselbe die Bestimmungen der Gewerbeordnung, insbesondere jene das §. 16 Abs. 4 der Gewerbeordnung und in Folge dessen auch die Gewerbesteuer=Vorschriften angewendet werden.“ – diese Ausführungen klingen auch im Jahr 2022 noch ernüchternd. Trotzdem versuchten sich die Idealisten der ersten Stunde in dieser neu geschaffen Tätigkeit, obwohl ihr Haupttätigkeit die Mineralogie, Gastronom, Bauer oder Sägewerksbesitzer war. Eines ist jedoch sicher und augenscheinlich Zahlen und Bezahlung waren ihnen vertraut, damals wie heute macht die Menschlichkeit das Geschäft im Zeichen ihrer Erfolge und Eintragungen in Führerbüchern lässt auch diese Komponente keinen Zweifel zu.
Was und wo es fehlte waren einheitliche Strukturen in Ausbildung und Organisation (Tarifgestaltung), vor allem in diesen Bereichen war man auf das Wissen der führenden Funktionäre in den alpinen Vereinen angewiesen, dieses Wissen wurde im Zillertal vor allem durch Löwl und Stüdl zuerst eingebracht und in weiterer Folge von den in den Sektionen für das Führerwesen verantwortlichen Funktionären (in der Regel der Referent für Hütten, Wegebau und Führerwesen) übernommen.
Das sich selbstbewusste, geschäftlich mehr oder weniger erfahrene Männer nicht gerne Preise diktieren ließen, dass die von den alpinen Vereinen ausgehende und verstärkt aufkommende „führerlose Bewegung“ bzw. der Weg der alpinen Vereine zur Quantität in eigenen Ausbildungs- und Führungswegen mit wirtschaftlichen Einbußen der ersten Führergenerationen, dass im Taumel der Freude über die Erfolge der Anfangszeit Berge umbenannt wurden (Feldkopf zu Zsigmondyspitze, III. Hornspitze zu Berliner Spitze) wird freilich nicht bei jeden Zillertaler und erst recht nicht bei den Bergführer auf Gegenliebe gestoßen sein.
Zweifellos ist jedoch die alpine und touristische Geschichte des Zillertals und die damit verbundene touristische Entwicklung in den Folgejahren mit der Sektion Berlin des DAV verbunden, und im Jahr 1897 als Hüttenwart und zuständiger für das Führerwesen mit Herrn Friedrich Schwager dessen Nachfolger der bereits erwähnte Ing. Ludwig Grün wurde.
Wie sehr die Zillertaler Bergführer Teil der Sektion Berlin wurden, zeigt auch die Überlieferung, dass Bergführer Mitglieder in der Sektion waren. Zillertaler Bergführer selbstverständlich in der führungslosen Zeit für den Wegebau eingesetzt und bezahlt wurden. Das in den „goldenen Jahren“ der Alpintourismus 20 – 30 Bergführer (kleinen Zillertaler Bergführerchronik von Hans „Hansler Hansl“ Kröll aus dem Jahr 1982) von der Berliner Hütte - für manchen Bergführer ein zweites „zu Hause“ - aus ihren Broterwerb nachgehen konnten, wobei dazu natürlich zu erwähnen ist das sich eine gute Sommersaison auf Grund des herrschenden Urlaubs- und Freizeit auf gerade mal 2 Monate (Mitte Juli – Anfang Mitte September) beschränkte.
Inwieweit Funktionäre der Sektion Berlin Einfluss, auf den am 27. November 1897 gegründeten Zillertaler Führer-Unterstützungsverein nahmen, ist nicht nachvollziehbar. Das der Alpenverein davon wusste und sein Einverständnis dazu gab, lässt sich aus der Tatsache ableiten, dass unter § 14 angeführt ist, sollte es zur Auflösung des Vereins kommen das möglicherweise vorhandene Vereinsvermögen der Sektion Zillertal zuzukommen hat. Diese Vereinsgründung im Zillertal unterscheidet sich von den Bergführervereinen von Kals 1869, Heiligenblut 1870 des Ötztal- und Stubaitals diese zum Teil katholischen Bergführervereine sahen mehr die wirtschaftliche Verbesserung vor. Im Zillertal ging es lediglich um den edlen Gedanken die in unverschuldet, durch Unfälle in Not geratenen Bergführer und ihren Familien zu unterstützen. Leider verlieren sich die Spuren in den Folgejahren und Kriegswirren des ersten Weltkriegs. Die Neuauflage des Vereins steht der Geschichte folgend, zu den gleichen und ähnlichen Themen, der veränderten Zeit des 20 Jhdt. Angepasst gegenüber.