Das Wild ist Schuld
Sind freizeitbegeisterte Naturnutzer nicht lernfähig und lernen endlich, die Natur zu respektieren? Einige erschreckende Beobachtungen im freien Skiraum beim Zusammentreffen von Wildtier und Mensch lassen auf Mutwilligkeit, Naivität oder schlichte Ignoranz mancher schließen. Es ist noch nicht lange her, da haben Naturfreunde - darunter auch Skitourengeher - betont, wie sehr sich die Natur erholt. Kaum ein halbes Jahr später, im gerade begonnenen Winter, werden aus dieser Gruppe beunruhigende Beobachtungen im Umgang mit der Natur gemacht.
Die Situation ist eindeutig: Steigende Verkaufszahlen im Skitourenausrüstungsbereich und volle Tourenparkplätze in den frühen Morgenstunden sprechen eine deutliche Sprache. War das Skitourengehen vor einigen Jahrzehnten noch eine Domäne der winterbegeisterten Bergsteiger, so sind vor einigen Jahren die ruhesuchenden Skifahrer hinzugekommen. Beide Gruppen zeichnet ein gewisses Maß an Naturerlebnis und -erholung aus. Im Umgang mit Wald und Wild galten ungeschriebene Regeln, aber überliefertes Wissen und gerne übernommenes rücksichtsvolles Verhalten.

Zwei Aktivitäten beeinflussten die winterliche Natur in jüngeren Jahren zusätzlich. Die Freerider „drängten“ vom ursprünglichen Variantenfahren im Bereich der Pisten/Lifte immer weiter in die unberührte Natur. Weiter ging es mit den Pistengehern. Meist aus dem Laufsport kommend und auf der Suche nach einer Wintertrainingsmethode, neuerdings auch als die Hallenkletterer des Skitourenmarktes bezeichnet, wurden auch sie in die Familie der Tourengeher aufgenommen. Diese vier Gruppen „bevölkern“ nun den nicht mehr so freien Skiraum den ganzen Winter rund um die Uhr, ausgerüstet mit Leuchtkörpern, die die Nacht zum Tag machen. Berg und Natur kommen kaum noch zur Ruhe.
Aber es gibt Regeln! Noch ungeschriebene Regeln, eher Verhaltenskodizes, aber Regeln, die aus dem Miteinander und dem gegenseitigen Respekt in und mit der Natur gewachsen sind, denn die historische Reihenfolge ist unbestritten: Zuerst Natur und Wild, dann Landwirtschaft/Jagd, dann Freizeit.
Daher die Bitte an alle Naturnutzer: Überschreiten wir keine Grenzen zum Nachteil der heimischen Wildtiere, die instinktiv gelernt haben, dass sie den Winter nur schonend, ohne Stress und nur im Rudel überleben können. Bleiben wir aus Respekt und Bewunderung vor dieser Überlebensstrategie wieder vermehrt auf den Pisten, im bekannten Nahbereich von gesicherten Pisten oder traditionellen Skitouren. Manche Argumente derer, die immer und überall ohne Rücksicht auf Verluste den Kick der ersten Linie suchen, schüren nur negative Emotionen und lassen außer Acht, dass durch dieses Verhalten Lebewesen mutwillig in den Tod getrieben werden. Das Aufscheuchen oder bewusste Betreten von Einständen des Wildes ist für das Wild aufgrund des Energieverlustes bei der Flucht ein Todesurteil und für den Menschen aufgrund zahlreicher anderer Möglichkeiten unnötig und überflüssig. Die größte Sorge besteht darin, mit einigen Unverbesserlichen in einen Topf geworfen zu werden, die provozieren, dass aus ungeschriebenen Regeln geschriebene Regeln und aus diesen wiederum Verbote werden und alle „Skitourenfans“ im schönsten Bergland der Alpen mit einer einzigartigen Natur vor der Tür stehen - leider.